Berufsmatur

Das Bildungsdepartement und die Wirtschaftsverbände engagieren sich gemeinsam für eine Stärkung der Berufsmaturität im Kanton Solothurn.

Sie trägt «zur Attraktivität der Berufsbildung bei», leistet einen «zentralen Beitrag zur Durchlässigkeit im Schweizer Bildungssystem» und «öffnet eine Vielzahl von Türen». Vor allem zu einem Fachhochschulstudium, das «auf eine anspruchsvolle Aufgabe in Wirtschaft und Gesellschaft vorbereitet».

Mit diesen Sätzen unterstrich Bildungsdirektor Remo Ankli an einer Medienkonferenz in Solothurn die Bedeutung des «Erfolgmodells» Berufsmaturität. Um die Chancen zu veranschaulichen, die sich jungen Leuten aufgrund einer Berufsmatura eröffnen, gaben Christine Schnetz aus Flumenthal (31) und der Trimbacher Julian Ilhan Ün (38) Einblick in ihren beruflichen Werdegang. Er absolvierte ursprünglich eine Maurerlehre und ist heute Projektleiter bei der Swisscom. Sie ist mit einer Lehre zur Polymechanikerin in die Arbeitswelt gestartet und ist jetzt Berufsbildnerin im Bildungszentrum des Berufslernverbunds Thal-Mittelland.

Auslöser für den Medienanlass ist der neue schweizweite Rahmenlehrplan für die Berufsmaturität. Im Schuljahr 2015/2016 starteten die neuen Lehrgänge. Vor den Sommerferien haben die Berufsmaturanden der einjährigen Vollzeit-Schule nach der Berufslehre erstmals die neu organisierte Ausbildung abgeschlossen. Die Fachrichtungen wurden anders gruppiert.

Zudem wird dem interdisziplinären Arbeiten grösseres Gewicht gegeben. Und schliesslich übernehmen die Fachhochschulen eine zentrale Rolle bei den Abschlussprüfungen. Wie Bildungsdirektor Remo Ankli gestern ausführte, haben die vier Bildungsraumkantone Solothurn, Aargau, Baselland und Baselstadt aus diesem Grund eine intensivere Zusammenarbeit beschlossen.

Tiefe Maturitätsquote

Die Regierung habe sich eine Stärkung der dualen Berufsbildung zum Ziel gesetzt, sagte Remo Ankli. Und dabei spiele die Berufsmaturität eine entscheidende Rolle. Seit dem Start der neuen Berufsmaturitätsausrichtungen im vergangenen Schuljahr wirbt der Kanton aktiv mit Broschüren, Schnuppertagen und Infoanlässen für die Berufsmaturität.

Ankli: «Wir wollen aufzeigen, dass die Berufsmatura eine Alternative zur gymnasialen Maturität und zur Fachmaturität ist.» Zudem werde, so Ankli, auch die Zusammenarbeit mit den Wirtschafts- und Berufsverbänden intensiviert – im Hinblick auf ein stärkeres Engagement für die Berufsmaturität.

Im Vergleich mit den anderen Bildungsraumkantonen fällt auf, dass Solothurn mit einer Berufsmaturitätsquote von 12,3 Prozent im Jahr 2015 eher schlecht abschneidet. Noch tiefer ist die Quote nur im Kanton Baselstadt – dort machen dafür sehr viele junge Leute eine gymnasiale Matura. In Solothurn indes ist die Gesamtmaturitätsquote (Gymnasialquote, Berufsmaturitätsquote und Fachmaturitätsquote) niedrig.

Mit einer Quote von 30,8 Prozent positioniert sich der Kanton am Schwanz des Bildungsraums Nordwestschweiz. Remo Ankli erachtet eine «Konsolidierung» der aktuellen Gesamtmaturitätsquote für wichtig. Eine höhere Quote lasse sich nicht erzwingen. Der Bildungsdirektor liess aber durchblicken, dass er sich mit Blick auf den Bedarf an Fachkräften durchaus mehr Berufsmaturanden wünschen würde.

Georg Berger, Präsident der kantonalen Berufsmaturitätskonferenz, führte aus, dass im Gleichschritt mit der Schweiz die Zahl der Berufsmaturanden auch im Kanton Solothurn über die letzten rund zehn Jahre gestiegen ist. Seit 2014 geht die Quote leicht zurück, in Solothurn etwas stärker als im nationalen Durchschnitt.

«Visitenkarte der Berufsbildung»

Zu denken gibt den Verantwortlichen aber vor allem, dass im Kanton Solothurn zurzeit fast zwei Drittel der Berufsmaturanden den einjährigen Lehrgang nach Abschluss der beruflichen Grundbildung besuchen. «Die in die Lehre integrierte Berufsmaturität hat über die Jahre hinweg an Attraktivität eingebüsst», beobachtet Berger. Ein Trend, der auch auf nationaler Ebene festzustellen sei, hier gibt es allerdings immer noch mehr junge Leute, die die Berufsmatura während ihrer Berufslehre machen.

Die Gründe für den Trend hin zur Berufsmaturität nach der Lehre seien mannigfaltig, meinten sowohl Berger als auch Andreas Gasche, Geschäftsführer des kantonalen Gewerbeverbands. Eine Rolle spiele aber sicher die «mangelnde Ausbildungsbereitschaft» der Betriebe. Es gebe Ausbildungsfelder, bei denen die höhere Berufsbildung besser geeignet sei als eine Berufsmaturität, betonte Gasche. Aber auch für ihn steht fest: «Die Berufsmaturität ist eine wichtige Visitenkarte der Berufsbildung.»